Die traditionellen, heute zum Standard
gehörenden Perkussionsinstrumente wie Atabaque, Tamborim,
Pandeiro, Cuíca u.v.a. sind allesamt afrikanischen
Ursprungs.
MPB
Kurze Geschichte der brasilianischen Popularmusik
Im Zuge der Entdeckung Brasiliens im Jahr 1500 durch den Portugiesen
Cabral kamen gregorianische Gesänge und portugiesische Kirchenmusik
nach Brasilien. Die indianischen Ureinwohner sowie ab dem 17. Jahrhundert
auch afrikanische Sklaven adaptierten gezwungenermaßen jesuitische
Musik und Kultur, wobei sie rhythmische Elemente einfließen
ließen. Die traditionellen, heute zum Standard gehörenden
Perkussionsinstrumente wie Atabaque, Tamborim, Pandeiro, Cuíca
u.v.a. sind allesamt afrikanischen Ursprungs.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die aus Portugal stammende
Modinha, eine sentimentale Liedform, sowie der aus Angola stammende
Tanz Lundú als erste eigene Form der brasilianischen Musik
dokumentiert.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verarbeiteten die
volkstümlichen Komponisten brasilianische Modinhas, Lundús
sowie europäische Tänze wie Polka und Walzer zu einer
neuen Musikform, der Maxixe.
1880 begann die Zeit des Choro, einem Stil, der sich durch ein Miteinander
von klassischer Virtuosität und stark ausgeprägter Rhythmik
auszeichnete. In der ursprünglichen Besetzung siebensaitige
Gitarre, Cavaquinho (kleine viersaitige Gitarre) und Flöte
entstanden Kompositionen, die an Stile wie Tango, Walzer, Maxixe
und Schottish (später als „Xote“ bekannt) angelehnt
waren. Einer der wichtigsten Vertreter des Choro ist der Komponist
und Flötist Pixinguinha.
Außer den oben erwähnten europäischen Tänzen
hatte auch der Marsch seinen Einfluss auf die brasilianische Musik,
und zwar in Verbindung mit dem afrikanischen Kampftanz Capoeira:
Es entstand in Recife im Nordosten des Landes die Marcha und der
Frevo, welche dort bis heute gerade beim Karneval sehr verbreitet
sind.
1917 war das Jahr des ersten Sambas: „Pelo Telefone“
eine Komposition von Ernesto dos Santos, genannt Donga. Dieses Stück
wurde als „Samba Carnavalesco“ veröffentlicht.
Den Begriff Samba gab es schon seitdem die ersten Sklaven nach Brasilien
kamen. Er geht auf das angolanische Wort „Semba“ zurück,
womit in der Kimbundu-Sprache das Berühren des Bauchnabels
als Aufforderung zum Tanz gemeint war. Donga benutzte die Bezeichnung
Samba nur aus Tantiemengründen, da zu dieser Zeit die Etikettierung
einer Komposition mit einem bestimmten Titel mehr Geld brachte.
Der damalige Samba war noch sehr vom Choro beeinflusst.
Perkussionsinstrumente, wie wir sie heute als typisch für den
Samba kennen, traten erst um 1930 zur Musik hinzu. In dieser Zeit
wurden die ersten Sambaschulen gegründet. Aus der Urform des
„Samba da Rua“ entwickelten sich zahlreiche Arten: Samba
Enredo (mit Versen aus der Geschichte des Carnaval), Samba Canção
(lyrische Sambas mit romantischen Texten und sparsamer Perkussion),
Samba de Breque mit plötzlichen Pausen in der Musik und improvisierten,
gesprochenen oder gesungenen Texteinlagen, Samba Gafieira (instrumentaler
Samba mit bigbandartigen Arrangements), Samba de Roda (wird im Kreis
stehend gespielt bzw. gesungen), Samba Partido-Alto, welchem eine
bestimmte synkopierte Rhythmusfigur zugrunde liegt, Samba-Pagode,
der spontan bei Festen gespielt wird, Samba Reggae ( eine in den
80er Jahren entstandene Mischung aus Samba und Reggae). Ferner entstanden
Mischungen aus Samba und Balladen, Sambaladas sowie Sambas mit Boleroeinflüssen,
Samboleros.
Aus dem Nordosten Brasiliens kam in den vierziger Jahren von Luiz
Gonzaga der Baião nach Rio. Damit verbunden brachte er den
Musikern die Musik und Instrumente Nordostbrasiliens näher,
die eine nach wie vor sehr ergiebige Quelle der Música Popular
Brasileira (MPB) darstellt. Heute erfreut sich der Forró
(eine Art Oberbegriff für die Gesamtheit der Tanz- und Musikstile
aus dem Nordosten Brasiliens) wachsender Beliebtheit.
Ab 1950 werden Rock und Jazz zunehmend populär. Sie verdrängen
Samba und Baião aus der Mittel- und Oberschicht.
Ende der fünfziger Jahre gab es in der vornehmen Südzone
von Rio de Janeiro beliebte Treffpunkte für eine Clique von
Musikern wie Antonio Carlos Jobim, Roberto Menescal, Carlos Lyra,
Vinícius de Moraes, Baden Powell, Sérgio Mendes und
João Gilberto. Mit der Single „Chega De Saudade“
(Komposition A.C.Jobim, Interpretation J.Gilberto) wurde 1958 ein
neuer Musikstil, die Bossa Nova geboren. Bossa Nova wird charakterisiert
durch einen neuen rhythmischen „Balanço“, neue
Textformen und Inhalte, moderne, jazzähnliche Harmonien sowie
neuartige Interpretationen und Arrangements. Ausgangspunkt für
die Entstehung der Bossa Nova war ein aufs Wesentliche reduzierter
Samba bzw. Samba-Canção, bei dem einige rhythmische
Schläge weggelassen wurden, wodurch sich eine ganz besondere
Synkopierung ergab. Die neue Art des Gitarrenspiels und der introvertierte
Gesangsstil von João Gilberto hat Generationen von Musikern
nachhaltig beeinflusst.. Die Texte waren weitgehend von Vinícius
de Moraes und Newton Mendonça geprägt. Weltbekannt wurde
Bossa Nova durch das Album „Getz/Gilberto“, das 1964
in den USA veröffentlicht wurde.
Um 1966 entstand eine neue Bewegung, der Tropicalísmo (Som
Livre). Es handelte sich um eine nicht zuletzt durch den Militärputsch
1964 ausgelöste künstlerische Protestreaktion auf gesellschaftliche
Missstände im Land. Es begann eine Abwendung von den oft realitätsfremden
Texten der Bossa Nova hin zur „Poesia concrete“. Es
wurde experimentiert mit Soundcollagen und elektrischen Instrumenten
unter Verwendung des gesamten musikalischen Kompendiums des Landes.
Durch die Kritik am Staat mussten viele Künstler das Land verlassen
und beschäftigten sich im Exil mit Musikformen wie Rock, Beat
und Jazz. Als wichtigste Musiker sind zu nennen: Caetano Veloso,
Gilberto Gil (heute Kulturminister des Landes), Maria Bethânia
und Gal Costa.
In den 70er Jahren fanden mehrere wichtige Jazzfestivals statt,
die ein Forum für instrumentale Musik boten, welche ihre Wurzeln
in den zahlreichen brasilianischen Rhythmen hat. Bedeutende Vertreter
sind bis heute z.B. Hermeto Pascoal, Paulo Moura, Egberto Gismonti
und Toninho Horta. Gleichzeitig gab es Einflüsse vom Rock durch
Musiker wie Rita Lee, Belchior, oder Raul Seixas.
Der Bundesstaat Minas Gerais brachte auch eine kreative und ganz
eigene musikalische Landschaft hervor. Geheimnisvolle Melancholie,
beeinflusst von Kirchentonarten und portugiesischer Sakralmusik.
Als wichtigste Vertreter sind zu nennen: Milton Nascimento, Fernando
Brant, Lô Borges und Toninho Horta.
Um 1980 entstand eine sehr kreative Phase der brasilianischen Rockmusik.
Die damalige Musikergeneration war sowohl von der eigenen, bereits
von Pop und Rock geprägten brasilianischen Musik sowie von
angloamerikanischer Musik beeinflusst. Tropical-Rockstar Lulu Santos,
Baby Consuelo, Lobão, Herbert Vianna und der Brasil-Soulsänger
Ed Motta feierten große Erfolge. São Paulo wurde zur
wichtigsten Stadt für die neue Kommerzialisierung brasilianischer
Rockmusik.
Nachdem Ende der achtziger Jahre der Lambada, der karibische Elemente
mit brasilianischer Musik verband, einen kurzen Siegeszug in Europa
hatte, lautet seit dem Beginn der neunziger Jahre das Motto: „zurück
zu den eigenen Wurzeln“ - es erfolgt eine Neuentdeckung der
eigenen nationalen Rhythmen und Stile. Ausgehend von Bahia, Heimat
des großen Volkssängers Dorival Caymmi und dessen Familie,
ist „Axé-music“, kommerziell sehr erfolgreich
und populär geworden durch z.B. Daniela Mercury und Banda Eva.
Auch erleben Musikrichtungen wie Pagode, Música Sertaneja
sowie Forró eine neue Renaissance.
Weitere bedeutende brasilianische Musiker, die sich im Laufe der
letzten Jahrzehnte einen Namen gemacht haben, sind Chico Buarque,
Edu Lobo, Jorge Benjor, João Bosco, Elis Regina, Djavan,
Dori Caymmi, Ivan lins, Leny Andrade, Rosa Passos, Filó Machado,
Tânia Maria, Airto Moreira, Flora Purim, Marcos Valle, Marisa
Monte, Joyce und viele, viele andere.
Musikprojekte in Berlin
Wer sich der brasilianischen Musik verbunden fühlt. [mehr]
Solo pur!
Hans Limburg präsentiert sein aktuelles Bühnenprogramm
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